Für St. Pauli ist die Reeperbahn mit dem Spielbudenplatz der Mittelpunkt dieses eigenwilligen wie kreativen Stadtteils, zu dem auch das Karolinenviertel und das Schanzenviertel gehören. Tagsüber durch das emsige Treiben vieler Einheimischer wie auch Gäste aus dem In- und Ausland und nachts als Touristenattraktion Nr. 1 mit dem weitschweifigen wie oftmals kostspieligen Unterhaltungsangeboten und seinem "Rotlichtmilieu".
Dem entsprechen könnte allenfalls das angrenzende Heiligengeistfeld, Austragungsort für große Sportereignisse des FC St. Pauli oder 2006 als Blickfeld für public viewing bei der Fußball-WM 2006.
Bereits vor 1800 war der Spielbudenplatz als Vergnügungsviertels in Hafennähe bekannt. Die Flächen um die heutige Reeperbahn nutzten damals noch die Reepschläger, die auf langen Bahnen (Reeperbahnen) Hanf zu Schiffstauen (Reep) verarbeiteten. Der Straßenzug verläuft vom Millerntor (bis 1890 wurde es auf Geheiß der Stadträte noch in den Abendstunden geschlossen) über den in Planung befindlichen Beatles Platz bis zum Nobistor (im 19. Jh. befand sich nachfolgend die Grenze zum dänischen Ausland, zur der damals die Stadt Altona und der Ort Neumühlen gehörten).
Viele der Seitenstraßen der Reeperbahn haben ihre eigenen Besonderheiten, so die Davidstraße mit Deutschlands bekanntester Polizeistation, der Davidswache. Ein Besuch eines der vielen, großartigen Theaterangebote am Spielbudenplatz, z.B.
- dem Schmidt's Tivoli
- dem St. Pauli-Theater (1940 mit der Uraufführung der Zitronenjette) und
- dem Operettenhaus
helfen über die vielen Enttäuschungen phantasiereicher Lustreisender hinweg, die auf dem Kiez von liebreizenden "Kantsteinschwalben" oder in aufreizenden "Sexshops" vieles angeboten, aber nichts bekommen haben.
Auf dem Hein-Hoyer-Platz in der Nähe der Kneipe "La Paloma" realisierte 1986 der Kunstprofessor Jörg Immendorf (1945-2007) die Skulptur von Hans Albers. Während das Zillertal, Café Lausen und das Original des Café Keese (hier forderten im Ball Paradox die Damen die Herren zum Tanz auf - nach dem Motto: honi soit, qui mal y pense) schließen mussten, haben das Pulverfass oder das Panoptikum nichts von ihrem alten Charme verloren.
Heute sind Publikumsmagneten insbesondere die genannten Theater, der Mojo-Club, das Herzblut oder der neue Beatles Platz zu Beginn der Großen Freiheit. Über diesen Straßenzug wäre ebenso Vieles zu berichten. So verbinden sich mit ihm Namen wie
- der "Star Club" (Gr. Freiheit 39 / "Geburtsstätte" der Beatles 1960),
- seit 1968 das Grünspan - innen mit psychedelischer Musik + LSD und außen mit buntbemalter Fassade der Künstler Dieter Glasmacher + Werner Nöfer,
- die Caberetts mit Séparées "Salambo" (unter René Durand mit erstem Coitus coram publico) und "Safari" unter Werner Schneidereit, der sich die Anregungen seiner kunstvollen Aktshows aus Oper oder Theater holte.
- ebenso wie die Etablissements "Tabu", "Kolibri", "Regina" oder "Gr. Freiheit 36" (hier trat Hans Albers auf; bekannt auch sein Film Große Freiheit Nr. 7).
Alles Gewerbebetriebe mit Gaststättenkonzession incl. Alkoholausschank und Kabaretterlaubnis, die Jahrzehnte lang weltweit mit Hamburg und der "Reeperbahn nachts um halb eins" (Film von 1944 mit Hans Albers + Ilse Werner) in Verbindung gebracht werden oder wurden. Selbstverständlich hingen dort irgendwo auch die Bestimmungen über den Jugendschutz - nur die Realität sah gelegentlich anders aus bei Bedienungspersonal und Bühnendarstellerinnen. Doch das war damals; heute bekommt der Kunde selbst sein Glas mit dem teurenSekt, denn er bestellt hat. Oder?
Auch Einrichtungen wie "Zur Ritze", das Eros-Center mit Kontakt-Hof und die Herbertstraße gehören zum Umfeld der Reeperbahn und sind ein Herzstück von St. Pauli. Doch hier unterbleiben entsprechende Erläuterungen; eigene Erfahrungen sammeln scheint angebrachter und wirkungsvoller zu sein. Selbst hier gilt: wehe dem, der Böses dabei denkt (siehe Café Keese).
Nochmals zurück zur Großen Freiheit. Dort befindet sich die älteste katholische Gemeinde in Norddeutschland. Ihr Gotteshaus ist die St.Joseph Kirche.