Es begann in London und anderen großen britischen Arbeiterstädten. Die überwiegend männlichen, schwer schuftenden Hafenarbeiter brauchten Flüssigkeit aufgrund ihrer schweißtreibenden Tätigkeit … und löschten ihren Durst oftmals mit Alkohol. Das führte zu schlechteren Arbeitsleistungen und nicht selten zu vermeidbaren Arbeitsunfällen. Je nach Konsummenge ruinierte er zusätzlich die Gesundheit der Leute.
Deshalb wurden ab dem 19. Jahrhundert auch in Großstädten auf dem Kontinent Volkskaffeehallen eingerichtet. In verkleinerter Ausgabe nannten sie sich Kaffeeklappe, denn für ein alkoholfreies Getränk, oftmals einer Tasse Kaffee, öffnete sich in der Tür des Ausschanks lediglich eine an einer Kette befestigte sogenannte Klöntür nach unten, sodass die Klappe als Verkaufsfläche für das gewünschte Gut genutzt werden konnte. Ein Eintritt war damit nicht verbunden, oftmals auch keine Sitzgelegenheit. Dazu kamen Brötchen und warme Speisen wie Bratwurst oder Frikadellen; auch Rauchwaren und erotische Fachblätter - natürlich damals noch nicht digital - konnten erworben werden.
Insbesondere in Hamburgs ehemaligem Freihafen waren weiträumig Kaffeeklappen für die Werftarbeiter, Schauermänner etc., Fuhrleute sowie Kran- bzw. Ewertführer installiert worden, die aufgrund der Arbeitsschichten rund um die Uhr intensiv genutzt wurden.
Heute gibt es diese Einrichtungen lediglich als Vorzeigemodel aus vergangener Zeit. Eine "echte" Kaffeeklappe gibt es noch im Hafenmuseum im 51er-Schuppen (1.Foto). Sie wurde erst jüngst wieder im alten Stil hergerichtet und wird von den Museums-Besucher*innen redlich genutzt (4.Foto). Auch als Imbißbetrieb umgebaute Container werden heute so genannt; doch echte Hafengänger sehen das mit andern Augen (2.Foto).
Als eine vergleichbare Einrichtung mit Schankraum und Sitzgelegenheiten galt die Oberhafen-Kantine noch bis nach der Jahrtausendwende. Doch Sturmfluten ließen die Küchenanlagen in den Kellerräumen wiederholt absaufen, sodass seit 2012 dort kein Betrieb im beschriebenen Sinne mehr stattfindet.
Die großen Hallen für bis zu 800 Arbeiter bauten die Architekten Hallier & Fitschen im Hamburger Freihafen; so im November 1889 die Speise und Kaffee-Hallo No.8 am Amerikahöft und weitere u.a. bei Blohm & Voss auf Steinwerder. Schon 1885 waren dazu konkrete Anforderungen von Seiten des Hamburger Senats gestellt worden. Denn da im Freihafen keine Schank- und Speisewirtschaften durch Dritte betrieben werden durften (nur hafenkonforme Betriebe), mußte die Stadt tätig werden. Nach klaren Regeln wurden hygienisch einwandfreie Küchenräume, luft- und lichtadäquate Speiseräume, ausreichende hygienische Bedürfnisbereiche sowie für die Wintermonate funktionstüchtige Heizungsanlagen installiert. Die gesamte technische Einrichtung übernahm in Hamburg damals die Firma Rud. Otto Meyer, 1858 gegründet und 1997 eingeflossen in das Konsortium der Imtech AG.
Die Räume zum Essen und Trinken waren dreifach unterteilt:
- die Kaffeehalle, in der lediglich der Kaffee getrunken wurde
- die Speisehalle für die Arbeiter, die schweißgebadet dort essen konnten*
- kleinere Räume mit Garderobe, Trennwänden für separierte Tischeinheiten, diese versehen mit Tischdecken, dazu Beistelltisch und Blumentopf für die Schreibtischtäter, also die Mitarbeiter*innen aus den Verwaltungen und Planungseinheiten.
* Angeboten wurden z.B. belegte Brote mit Mettwurst oder Käse, Rindfleischsuppe, Gulasch mit Nudeln oder Kartoffeln oder alternativ Hacksteak mit Gemüse und Kartoffeln.
Die letzte Kaffeeklappe - No.73 am Kaiser-Wilhelm-Hafen - wurde im Dezember 1985 geschlossen. Ein Bauwerk, das mit seinem damals modernen Äußeren kaum mehr an die filigranen Strukturen der Speise und Kaffeehallen zu Beginn heranreichte. Die Lagerräume in der Speicherstadt lassen grüßen!