Werner Michaelis (1907-1989) war ursprünglich Wandmaler. Erst nach seiner Ausbildung in der Kunstgewerbeschule in Altona und nachfolgend der HfbK begann er mit seinen künstlerischen Aktivitäten im sogenannten Elbkurhaus. Dort in Dockenhuden hatten nach dem 2.Weltkrieg mehrere Künstler ihre Ateliers. So u.a. der benachbarte Maler Hans-Hermann Steffens, das Roto-Filmstudio und Hanns Müller-Dünwald sowie als regelmäßiger Gast der Maler Rudolf Hoffmann, genannt R.K.H. Sonderborg. Vermieter war J.T. Essberger, Eigentümer auch des nahegelegenen Weißen Hauses, gebaut vom Architekten Christian Frederik Hansen.
Mit dem Abriss des Elbkurhauses in der früheren Gestaltung wurde in etwa um 1954 begonnen und alle Mieter*innen mussten weichen. Werner Michaelis war der letzte Nutzer der Räumlichkeiten. Dank der Vermittlung durch die Bildhauerin Gertrud Weiberlen zog er mit seinem Atelier vorübergehend in einen Hochbahnbogen an der Mundsburg, bis 1958 der Umzug in das neuerbaute Atelier in der Mörikestrasse erfolgte. Wie in damaliger Zeit in den späten vierziger oder frühen 50er Jahren - wie auch heute im Jahre 2021 - war die wiederkehrende Not von Hamburger Künstler*innen erheblich, einen angemessenen Raum für die Arbeit zu finden.
In Hamburg-Blankenese in der Mörikestraße unter Haus-Nr. 6 befand sich das Atelier von Gustav Seitz. Unweit davon wohnte Gerhard Brandes mit Frau und Tochter, während der Maler Johannes Ridder sein Atelier im Haus Mörikestr. 19 und die Künstlerin Eleonore (Lore) Feldberg-Eber (1895-1966) ihr Atelier unter Nr. 24 nutzte. 1958 setzte auch Werner Michaelis als freischaffender Bildhauer seine Arbeit in der Mörikestr. unter Hausnummer 22a fort. Von ihm sind nachstehende Werke bekannt:
- Mädchenreigen als Wandrelief aus Stein (1952) Schule Mittelweg in Harvestehude; leider ist es durch einen Anbau aufgegeben worden,
- Modell für ein Relief im Gewerkschaftshaus am Besenbinder Hof in St. Georg – hier noch mit Standort Elbkurhaus (2.Foto). Im Hintergrund erkennbar ist auch ein Modell des Reliefs Mädchenreigen,
- Stahlplastik (1952) Privateigentum - 1990 für die HafenCity vorgesehen - Realisierung unbekannt,
- 4 Wandreliefs aus Stein (1953) Arbeitsamt am Nagelsweg in St.Georg; nach innerbetrieblichen Umbaumaßnahmen teilweise als Solitäre im Vorhof aufgestellt,
- Reliefwand aus Stein (1957 / 7.Foto) Zahn-, Mund- und Kieferklinik im Universitätskrankenhaus Eppendorf, aufgrund von Abriss und Neubauten wurde das Objekt aufgegeben,
- Ricke mit Kitz als Keramik (1958) Volksdorfer Damm bei Haus Nr. 137,
- Reliefwand aus Stein (1958) Universitätskrankenhaus Eppendorf,
- Mädchengruppe als Wandrelief aus Stein (1959 / 6.Foto) Schule Georg-Wilhelm-Straße in Wilhelmsburg,
- Windharfe aus Bronze (1964 / 7.Foto = Modell + 9.Foto = Original mit Namen Filigran) * SAGA-Hauptgebäude beim Museum der Arbeit - im Hintergrund steht die TRUDE
- Blätterbaum aus Bronze (1964) Schule Mendelssohnstraße in Bahrenfeld,
- Steinskulptur (1964) Schule Ehestorfer Weg 14 in Eißendorf,
- Fliegende Vögel aus Kupfer (1965) Schule Rungwisch in Eidelstedt,
- Baum aus Bronze (1965) Wiesnerring 35 in Bergedorf,
- Das Gefüge als Steinrelief (1965 / 4.Foto) ehemaliges Ortsamt Lokstedt in Niendorf,
- Steinplastik (1966) Alter Teichweg 203 in Dulsberg,
- Kinderturm aus Bronze (1967 / 3.Foto = Turm vor Ort + 4.Foto = Modell im Atelier) Park hinter Wildschwanbrook 31 in Rahlstedt,
- Betonsteinwand (1970) Freibad am Rückersweg in Hamm,
- Spielplastik aus Holz (1971) Jenfelder Allee 66 in Jenfeld,
- Signale aus Eisen (1972 / 1.Foto) Schule Burgunderweg in Niendorf,
- Drei Solitäre (10.Foto) Privateigentum
* Diese Skulptur wurde ursprünglich für eine Freifläche konzipiert, die zwischen weitgestreuten Hochhäusern lag. Die „Windharfe“ sollte durch ihre filigranhafte Gestaltung in die sie umgebende Landschaft einerseits aufgehen, andererseits jedoch durch ihre Gestaltung in Polarität zu den feststehenden Kuben der Häuser stehen und sich dadurch - trotz ihrer relativ optischen Kleinheit im Verhältnis zu den Häusern behaupten können. Dadurch, dass sie mehr in die Höhe als in die Breite geht, bildete sie einen Fixpunkt auf der grossen Rasenfläche , der das Auge des Vorübergehenden auf sich zieht.
Der Aufbau der Skulptur aus verschiedenen geometrischen Flächen macht sie leicht und spielerisch. Die oberen Flächen könnten Fähnchen sein, die lustig gegen den Himmel stehen.
Mein Wunsch, aus dieser Serie von Skulpturen noch weitere ausführen zu dürfen, blieb - trotz Konzeptionen weiterer Arbeiten, die eine Fortentwicklung zeigen - leider unerfüllt.
Zur Ergänzung: die „Windharfe“ steht jetzt an ihren dritten Platz. Ursprünglich wurde sie 1964 in Hohenhorst aufgestellt. Dort konnte sie den zuerst vorgesehenen Platz nicht einnehmen, weil sie einem Boltzplatz weichen musste. Nachdem sie einige Male mutwillig zerbrochen wurde, stellte sie der Besitzer, die gemeinnützige Baugenossenschaft Neues Hamburg, bei ihrem Geschäftshaus in Wandsbek auf. Seit der Fusion von Neues Hamburg mit der SAGA steht die „Windharfe“ auf der Terrasse des neuen Geschäftshauses im Neuen Altona. Sie ist nun eng von Hochhäusern umgeben. Das ist bedauerlich, da sie doch eigentlich für eine Verbindung mit einer Rasenfläche gedacht war.
Ob ich noch zu dieser Skulptur stehe? Da gabt’s nur ein Ja! Werner Michaelis
= Abschrift eines Textes des Künstlers, den das kulturkarte.de-Team dank der Weitergabe von seiner Tochter, Frau Dr. Sabine Michaelis erfahren durfte.