In Hamburg nennt sich die Landesregierung Senat. Er ist - da nach der Hamburger Verfassung staatliche und gemeindliche Tätigkeiten nicht getrennt werden - gleichzeitig „Gemeinderegierung“. Dank seiner Weisheit und Amtsvollmachten war 1710 der Beschluss gefaßt worden, die erstmalig ab 1293 gesammelten Dokumente und ungeordneten Aktenbestände sinnvoll zu ordnen und eine Übersicht in einem Archiv zu schaffen. Erster Archivar wurde Nicolaus Stampeel.
Daraus entwickelte sich das Hamburger Staatsarchiv, das 1972 auf Veranlassung des damaligen Bürgermeister Herbert Weichmann erstmalig in der ABC-Straße eigene Räumlichkeiten bezog; zuvor musste es im beengten Rathaus für Ordnung sorgen.
Doch schon nach 26 Jahren wurde dieses Gebäude aufgegeben, da die Beseitigung von Asbestfunden im relativ neuen Haus sowie die Sanierung der Klimaanlage wegen gestiegener Energiekosten dafür sprachen, einen Neubau ins Auge zu fassen. Dafür bot sich eine kostengünstige Fläche an der Kattunbleiche in Wandsbek an, auf der durch den Architekten Jan Störmer 1998 ein ansprechender Neubau erstellt wurde. Dieser aus zwei Gebäuden bestehende Funktionsbau war für die Aufbewahrung, Pflege und Nutzung von Akten, Protokollen, Urkunden sowie Karten der Hamburger Geschichte konzipiert worden. Dafür entstand ein Verwaltungs- und Nutzungstrakt, der durch gläserne Brücken mit einem fensterlosen und klimafesten Magazin verbunden ist. Dieses "Gedächtnis der Stadt" ist im Inneren für rd. 35.000 laufende Regalmeter ausgestattet. Äußerlich ist es ummantelt mit einer ansprechenden eisblauen Glasfassade, die ihm im Volksmund die Bezeichnung "der Eisblock" einbrachte. Einige der gläsernen Fassadenteile sind beschriftet. So ist nachlesbar ein Lob- und Preisgedicht auf Nicolaus Stampeel von 1710:
"... Lebendiges Archiv, beseelter Bücherschatz,
wie mancher Wissenschaft giebt deine Grösse Platz!
Erfahrung, tiefer Grund in Rechten und Geschichten
weiß auf das Heil der Stadt der Vorfall abzurichten;
Verschwiegenheit, Bedacht, Erfindung, Witz und Rath beweisen,
daß dein Geist was unerschöpflichs hat. ...!
Das Staatsarchiv beinhaltet heute Archivbestände für diverse Sachgruppen, in denen die wesentlichen Aufgaben des Archivs umgesetzt werden:
- Grundsatzfragen der Schriftgutverwaltung in Justiz und Verwaltung.
- Langzeitsicherung konventioneller und elektronischer Unterlagen.
- Beteiligung an der archiv- und geschichtswissenschaftlichen Forschung.
- Mitwirkung an der Vermittlung der hamburgischen Geschichte.
Ausführliche Informationen zu besonderen Ereignissen wie der Große Brand von 1892 oder die Flutkatastrophe von 1962 können vor Ort recherchiert werden. Nach dem Hamburgischen Archivgesetz von 1991 hat jeder das Recht, das Staatsarchiv zu nutzen. Seit dem 1.1.2006 ist das Staatsarchiv ein weiteres Amt der Kulturbehörde.
Auch wird auf die deutschlandweiten Tage der Archive im Frühjahr hingewiesen. Dann öffnet das Hamburger Staatsarchiv seine besonderen Türen, Dank derer das dahinter befindliche Archivgut wohlklimatisiert und staubfrei langfristig erhalten bleibt. Gleichwohl bleiben Papierzerfall und Säurefraß ständige Begleiter der dort Verantwortlichen.
Spannend sind an diesem Tag die Angebote anderer Archive aus Hamburg, so das
- Archiv des Hamburger Instituts für Sozialforschung,
- das Diözesanarchiv Hamburg, das Hamburgische Architekturarchiv,
- das Kirchenarchiv des Kirchenkreises Hamburg-Ost,
- das NDR Unternehmensarchiv,
- die Stiftung Hanseatisches Wirtschaftsarchiv und
- der Arbeitskreis Hamburger Archive
- der Genealogische Gesellschaft e.V.
- der Verein für Hamburgische Geschichte und
- seit 2014 das Staatsarchiv Stade.
Einen besonderen Einblick gewährte eine Ausstellung über „Die 68er in Hamburg – Gesellschaft in Bewegung“, die u.a. auf den Anschlag auf den Studentenführer Rudi Dutschke hingewiesen hatte. Sie erklärte, wofür die „68er“ standen, welche Rolle ihre Forderungen in Hamburg spielten und wie sie die Gesellschaft veränderten. Zu sehen waren unter anderem das Originalbanner „Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren“, das die Studenten Detlev Albers und Gert Hinnerk Behlmer am 09.11.1967 in der Universität Hamburg aufrollten, Musik der Band „Ton, Steine, Scherben“ und Polizeifilm-Mitschnitte von Beatles-Konzerten. Besagter Gert Hinnerk Behlmer wurde später langjähriger Staatsrat in der Senatskanzlei, bis er 1994 als Staatsrat in die Kulturbehörde wechselte. Dort verhalf er durch sein Können, Fachwissen und sein praktisches Handeln - eingeschlossen Baustellenbesichtigungen kultureller Einrichtungen - vielen Hamburger Kultureinrichtungen zu den Wertschätzungen, die diese noch heute auszeichnen. Der Erhalt vieler Geschichtswerkstätten, Kulturhäuser und Stadtteilarchive ist auch seiner Unterstützung zu verdanken.
Nicht unerwähnt bleiben sollte
- die Skulptur vor dem Eingang des Staatsarchivs. Die Große Lauschende wurde von Gustav Seitz (1906– 1969) geschaffen, einer der bedeutendsten Bildhauer im Deutschland der Nachkriegszeit. Weitere Werke finden sich in Hamburg mit der „Ruhende Sappho“ vor dem Wilhelm-Gymnasium, die „Große Kniende“ im Alsterpark sowie die „Porta d’Amore“ am Museum für Kunst und Gewerbe.
der Umzug der Fotobestände des Denkmalschutzamtes zum 01.01.15 ins Staatsarchiv Diese Bestände gehen zurück auf die durch einen Senatsbeschluss vom 01.06.1928 gegründete Staatliche Landesbildstelle, die seit 2004 als fotografische Abteilung dem Denkmalschutzamt angeschlossen war.