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22.04.2012

Entartete Kunst im Bombenschutt

1915 folgte Max Sauerlandt (1880-1934) dem Museumsgründer Justus Brinckmann (1843-1915) als Museumsdirektor des mkg nach - und sein Sammlungsschwerpunkt  lag bei der zeitgenössischen Kunst. Damit war er seiner Zeit weit voraus und machte das Haus durch den Erwerb von rund 300 expressionistischen Werken - Skulpturen, Graphiken und Bilder ebenso wie Schmuck und Plakate - zu einem der führenden Museen in Deutschland.  

1937 beschlagnahmten Nationalsozialisten 80% dieser Sammlung; ähnliches wiederfuhr auch anderen Deutschen Museen. Die Objekte wurden später unter dem diffamierenden Ausstellungstitel „Entartete Kunst“ in verschiedenen Städten des Deutschen Reichs gezeigt u.a. in der Absicht, damit ausländische Käufer zu finden und Devisen einzunehmen. Für einen Großteil der Kunstobjekte ist bis heute deren Verbleib unbekannt.

 

Doch bei archäologischer Grabungsarbeiten vor dem Roten Rathaus in Berlin - der früheren Königsstraße - wurden im Frühjahr 2010 sechzehn verschollen geglaubten expressionistischen Skulpturen entdeckt und geborgen. Fünf dieser einmaligen Zeugen der deutschen Geschichte stammen aus dem mkg: eine „Weibliche Büste“ (vor 1931) von Naum Slutzky, eine „Stehende Gewandfigur“ (1925) sowie „Stehender weiblicher Akt“ (o.J.) von Gustav H. Wolff, eine „Figur“ von Richard Haizmann sowie ein „Kopf“ (1925) von Otto Freundlich.

Mitte April 2012 nun kehrten sie zusammen mit den andern Funden - darunter auch ein Bildnis der Schauspielerin Anni Mewes (1921) von Edwin Scharff  - auch im Rahmen der Ausstellung „Die Verlorene Moderne - Der Berliner Skulpturenfund“ vorübergehend nach Hamburg ins mkg zurück. Dort stehen sie im Kontext zu Museumsobjekten aus dem Bestand, die ebenfalls aus der Zeit des Max Sauerlandt stammen.

Bei Ausstellungseröffnung haben die Berliner Vertreter anschaulich berichtet, wie es zu dem spektakulären Fund kam und welche Maßnahmen zur Bergung und Erkennung der Kunstobjekte getroffen wurden. Derzeit wird in Berlin vermutet, dass Hunderte von Objekten in der Königsstraße 50 gelagert gewesen sein müssen. An entsprechenden Nachweisen wird noch gearbeitet. Sicher ist, dass Bilder, Graphiken und andere leicht brennbare Kunstschätze verbrannt sind.


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